Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG):
Mehr Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen

Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in der gesamten EU in Kraft und verpflichtet Unternehmen, die Barrierefreiheitsanforderungen des European Accessibility Acts umzusetzen. Diese sorgen für mehr Barrierefreiheit bei Produkten und Dienstleistungen mit digitaler Bedienung. Für Unternehmen bedeutet das, ihre digitalen Angebote und Benutzeroberflächen barrierefrei zu gestalten, um so allen Menschen einen besseren Zugang zu ihren Produkten und Dienstleistungen zu ermöglichen.

Mit dem Hintergrund der immer wachsenden Bedeutung von Barrierefreiheit wurde am 22. Juli 2021 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verabschiedet. Das Gesetz legt eine einheitliche Umsetzung von Barrierefreiheitsanforderungen für eine Auswahl von Produkten und Dienstleistungen fest. 

Hier finden Sie die wichtigsten Eckdaten des Gesetzes: Ab wann gilt das Gesetz für wen und was muss umgesetzt werden?

Was ist Barrierefreiheit?

Für viele Menschen heißt Barrierefreiheit Rampen statt Treppen oder breite Türen. Doch bauliche Veränderungen reichen noch nicht aus, um von einem barrierefreien Alltag zu sprechen. Barrierefreiheit bedeutet, dass Gebäude, öffentliche Plätze, Arbeitsplätze, Wohnungen, Verkehrsmittel, Alltagsgegenstände, Dienstleistungen und Freizeitangebote so gestaltet werden, dass sie für alle Menschen ohne Unterstützung zugänglich und nutzbar sind. Allgemein gilt: Barrierefreiheit nutzt allen.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Vor der Einführung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) stellte jedes Mitgliedsland der EU unterschiedliche Anforderungen zu Barrierefreiheit, die sich teilweise sogar widersprachen. So soll das Gesetz klare und einheitliche Standards schaffen, um die Verfügbarkeit von preisgünstigen barrierefreien Produkten und Dienstleistungen zu erhöhen.

Das BFSG ist ein Gesetz zur Umsetzung des European Accessibility Acts (EAA), der EU-Richtlinie 2019/882. Der EAA wurde am 17. April 2019 beschlossen und umfasst die Barrierefreiheitsanforderungen, für die das BFSG eine Realisierung vorsieht. Dabei gelten die Anforderungen für eine Auswahl an Produkten und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 auf dem Markt platziert werden.

Für welche Unternehmen gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gilt für alle Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen in den aufgelisteten Geltungsbereich fallen (s. nächster Abschnitt). Eine Ausnahme stellen Kleinstunternehmen dar, die eine der aufgeführten Dienstleistungen erbringen. Als Kleinstunternehmen gelten Firmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro.

Außerdem können sich Unternehmen unter bestimmten Umständen auf zwei Ausnahmetatbestände berufen, um von dem Anwendungsbereich des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes ausgeschlossen zu werden:

1. Einhaltung der Anforderungen führt zu grundlegender Veränderung des Produkts oder der Dienstleistung: Leistungsfähigkeit des Produktes wird in einem solchen Ausmaß beeinflusst, dass es nicht mehr den beabsichtigten Zweck erreichen kann

2. Einhaltung der Anforderungen stellt unverhältnismäßige Belastung für den Wirtschaftsakteur dar: zusätzliche übermäßige organisatorische oder finanzielle Belastung, sodass Umsetzung einer oder mehrerer Anforderungen nicht möglich ist

Für alle nicht betroffenen Unternehmen gilt, dass sie die Anforderungen natürlich freiwillig umsetzen können. Bei der Entscheidung kann relevant sein, dass im Allgemeinen die Gesellschaft immer älter und somit der Bedarf nach Barrierefreiheit stärker wird. Zudem kann sich ein Unternehmen mit barrierefreien Angeboten einen größeren Absatzmarkt und Wettbewerbsvorteile erschließen. Zuletzt wird bereits vermutet, dass der Geltungsbereich des BFSGs in den kommenden Jahren ausgeweitet wird und das Unternehmen damit für die Zukunft aufgestellt ist.

Geltungsbereich: Welche Produkte und Dienstleistungen sind betroffen?

Der Geltungsbereich des BFSG setzt einen deutlichen Fokus auf die digitale Barrierefreiheit, da er sich auf Produkte und Dienstleistungen mit digitaler Bedienung zusammenfassen lässt. Im Detail müssen die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes von den folgenden Produkten und Dienstleistungen erfüllt werden:

Produkte

  • Computer
  • Notebooks
  • Tablets
  • Smartphones
  • Geldautomaten
  • Fahrausweis- und Check-In-Automaten
  • E-Book-Lesegeräte
  • Router

Dienstleistungen

  • Telefondienste
  • E-Books
  • Messenger-Dienste
  • Auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen im überregionalen Personenverkehr
  • Bankdienstleistungen
  • Elektronischer Geschäftsverkehr (E-Commerce)*
  • Personenbeförderungsdienste

* Der elektronische Geschäftsverkehr umfasst Dienstleistungen, die über das Internet oder auf Mobilgeräten angeboten und von Verbrauchern individuell angefragt werden (z.B. der direkte Verkauf von Produkten an den Verbraucher oder die Buchung von Terminen)

Wie sieht die Umsetzung der Anforderungen des BFSGs aus?

Die Umsetzungen der Anforderungen des BFSGs unterscheiden sich zwischen den Produkten und Dienstleistungen stark.

Barrierefreie Produkte

Für barrierefreie Produkte unterscheiden sich die Anforderungen an den Wirtschaftsakteur nochmal auf Grundlage seiner Position in der Lieferkette:

 
Hersteller

Pflichten des Herstellers:

Darf Produkte nur auf den Markt bringen, wenn

  • Produkte barrierefrei sind
  • Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt und technische Dokumentation erstellt
  • EU-Konformitätserklärung ausgestellt und CE-Kennzeichnung angebracht

Kennzeichnungs- und Informationspflichten:

  • Produktidentifikation und Herstellerkontaktdaten angeben
  • Barrierefreie Gebrauchsanweisungen und Sicherheitsinformationen bereitstellen

Pflichten gegenüber der Marktüberwachungsbehörde:

  • bei begründetem Verlangen alle Auskünfte zur Konformitäterteilen und Unterlagen aushändigen
  • Bei Verstößen Korrekturmaßnahmen ergreifen und Information an Marktüberwachungsbehörde, ggf. Rückruf oder Rücknahme

Fortlaufende Anforderungen:

  • Bei Serienproduktion und Änderungen weiterhin Barrierefreiheit gewährleisten
  • Bevollmächtigter kann für die Pflichten benannt werden

 
Importeure

Pflichten des Importeurs:

Darf Produkte nur auf den Markt bringen, wenn

  • Produkte barrierefrei produziert sind, auch bei Produktion in Drittländern
  • Sichergestellt ist, dass der Hersteller seine Pflichten erfüllt
  • Barrierefreiheit während Lagerung und Transport gewährleistet

Maßnahmen bei Nicht-Konformität:

  • Konformität vor dem Verkauf wiederherstellen
  • Hersteller und Marktüberwachungsbehörde informieren
  • Ggf. Rücknahme oder Rückruf des Produkts

Pflichten gegenüber der Marktüberwachungsbehörde:

  • EU-Konformitätserklärung fünf Jahre aufbewahren
  • Technische Unterlagen auf Verlangen vorlegen
  • Zusammenarbeit und Auskunftspflichten wie der Hersteller

 
Händler

Pflichten des Händlers:

Darf Produkte nur auf den Markt bringen, wenn

  • CE-Kennzeichnung vorhanden ist
  • Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen in deutscher Sprache vorliegen
  • Hersteller-Kennzeichnung zur Identifikation angebracht ist
  • Importeur seine Kenndaten anbringt
  • Lagerung und Transport dürfen Barrierefreiheitsfunktionen nicht beeinträchtigen

Maßnahmen bei Nicht-Konformität:

  • Produkt erst bereitstellen, wenn Konformität hergestellt ist
  • Sicherstellen, dass Hersteller oder Importeur Maßnahmen zur Wiederherstellung der Konformität ergreifen
  • Andernfalls Rücknahme oder Rückruf des Produkts
  • Händler muss selbst keine Maßnahmen zur Konformität ergreifen

Pflichten gegenüber der Marktüberwachungsbehörde wie Hersteller und Importeur

Barrierefreie Dienstleistungen

Anforderungen an Dienstleistungserbringer:

  • Dienstleistungen dürfen nur angeboten werden, wenn sie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen
  • Alle Informationen über die Funktionsweise der Dienstleistung müssen barrierefrei sein, einschließlich der Verbindung zu Produkten und deren Barrierefreiheitsmerkmalen

Barrierefreiheitsinformationen:

  • Informationen über Barrierefreiheit müssen erstellt und die zuständige Marktüberwachungsbehörde benannt werden
  • Diese Informationen sind in barrierefreier Form (z.B. in AGB oder auf der Webseite) zugänglich zu machen und müssen so lange aufbewahrt werden, wie die Dienstleistung angeboten wird

Änderungen berücksichtigen:

  • Anpassungen in der Erbringung der Dienstleistung sowie bei harmonisierten Normen und technischen Spezifikationen müssen berücksichtigt werden

Die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen für Dienstleistungen orientiert sich an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Diese umfassen mehrstufige Richtlinien und eine Anleitung, um Webdesign und -entwicklung für Menschen mit Behinderungen so barrierefrei wie möglich zu gestalten. Dabei gelten die folgenden Behinderungen als die wichtigsten Arten für die Umsetzung:

  • Sehbeeinträchtigung und Blindheit
  • Hörbeeinträchtigung und Gehörlosigkeit
  • Motorische Beeinträchtigungen
  • Kognitive Beeinträchtigungen und Lernbehinderungen
  • Photosensibilität
  • Mehrfachbeeinträchtigungen

Die Anforderungen an die Darstellung der Dienstleistungen im Web werden grundlegend in vier Prinzipien der Barrierefreiheit aufgeteilt:

 
Wahrnehmbarkeit

Text Alternativen, Zeitgesteuerte Medien, Anpassbarkeit, Unterscheidbarkeit

 
Verständlichkeit

Lesbarkeit, Vorhersehbarkeit der Benutzeroberfläche, Hilfe Fehler zu vermeiden

 
Bedienbarkeit

Tastaturbedienbarkeit, Ausreichend Zeit, Anfälle vermeiden, Orientierung unterstützen, Eingabemodalitäten

 
Robustheit

Kompatibilität der Inhalte mit den genutzten Benutzeragenten (insbesondere Webbrowser) und assistiven Technologien

Was passiert, wenn ein Wirtschaftsakteur seinen Pflichten nicht nachkommt?

Kommen Wirtschaftsakteure ihren Verpflichtungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) nicht nach, sind die Marktüberwachungsbehörden der Länder für die Überprüfung der Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen zuständig.

Im Rahmen der Marktüberwachung von Produkten müssen die Wirtschaftsakteure mit den Behörden zusammenarbeiten. Erfüllt ein Produkt die Anforderungen nicht, erhalten sie eine Aufforderung zur Herstellung der Konformität. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, können die Behörden die Bereitstellung des Produkts einschränken oder verbieten und den Rückruf anordnen.

Ein ähnliches Verfahren gilt für die Marktüberwachung von Dienstleistungen. Auch Dienstleister müssen die Anforderungen erfüllen und können dazu aufgefordert werden. Bei Nichteinhaltung kann die Einstellung der Dienstleistung angeordnet werden.

Außerdem können die Marktüberwachungsbehörden Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängen, um Verstöße zu ahnden. Verbraucher*innen und Verbände haben das Recht, die Behörden auf Verstöße hinzuweisen und können Klage erheben, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Bei Streitigkeiten über die Barrierefreiheit können sie auch ein Schlichtungsverfahren einleiten.

Chancen und Herausforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes

Vorteile des BFSG

  • Verbesserung der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen
  • höhere Verfügbarkeit von preisgünstigen barrierefreien Produkten und Dienstleistungen
  • Förderung der digitalen Inklusion in der modernen Gesellschaft
  • Vorteile für Unternehmen: Breitere Zielgruppe, positive Wirkung auf das Markenimage

Kritik am Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

  • Langsame Umsetzung und lange Fristen
  • Begrenzter Geltungsbereich und fehlende Abdeckung von öffentlichen Räumen und kulturellen Einrichtungen
  • zu viele Ausnahmen
  • Mangel an Sanktionen und fehlende Beteiligung von Betroffenen

BFSG und PIM

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) stellt Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen, insbesondere in digitalen Umgebungen wie Webshops. Ein Product Information Management (PIM) System kann eine Schlüsselrolle bei der effizienten Umsetzung dieser Anforderungen spielen, indem es die zentrale Verwaltung von Produktinformationen ermöglicht und sicherstellt, dass diese Informationen barrierefrei aufbereitet werden. So kann das BFSG mit einem PIM-System und Webshops verbunden werden:

Barrierefreie Produktinformationen im PIM-System: Ein PIM-System ermöglicht die zentrale Speicherung von standardisierten, leicht verständlichen Produktbeschreibungen in barrierefreier Sprache. Es sorgt dafür, dass Medienformate wie Bilder und Videos mit Alternativtexten und Untertiteln bereitgestellt werden und synchronisiert barrierefreie Informationen über verschiedene Kanäle.

Automatisierte Barrierefreiheitsprüfung: Ein modernes PIM-System kann automatische Prüfungen implementieren, um die Einhaltung von Barrierefreiheitsrichtlinien wie den WCAG-Standards sicherzustellen. Validierungstools prüfen beispielsweise das Vorhandensein von Alt-Texten und die Zugänglichkeit von Formularelementen.

Barrierefreier Webshop: Die im PIM-System gespeicherten Daten können in einem barrierefrei gestalteten Webshop verwendet werden. Dazu gehören eine semantische HTML-Struktur, Tastaturnavigation, hohe Kontraste und Lesbarkeit sowie die Kompatibilität mit Screenreader.

Barrierefreier E-Commerce-Prozess: Der Bestellprozess im Webshop muss barrierefrei gestaltet sein, wobei das PIM-System sicherstellt, dass wichtige Informationen wie Preise und Verfügbarkeit übersichtlich dargestellt werden. Alle gängigen Zahlungsmethoden sollten ebenfalls barrierefrei zur Verfügung stehen.

Mehrsprachigkeit und einfache Sprache: Ein PIM-System ermöglicht die Verwaltung von Produktinformationen in verschiedenen Sprachen und die Verwendung einfacher Sprache für Beschreibungen. Klar strukturierte Daten erleichtern dem Nutzer das Auffinden relevanter Informationen.

Produktdokumentation und Support: Dokumentationen und Anleitungen sollten im PIM-System gespeichert und in barrierefreien Formaten zur Verfügung gestellt werden. Außerdem sollten barrierefreie Kontaktmöglichkeiten für den Kundenservice und leicht verständliche FAQ-Daten angeboten werden.

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